Erinnerungskultur: Thomas-Morus-Schule Osnabrück

Im Jahr 2018 jährte sich das Ende des Ersten Weltkriegs zum einhundertsten Mal. Die Lehrer Felix Trentmann und Dieter Ostendorf beschäftigten sich mit Schülerinnen und Schülern vier Jahre intensiv mit der Thematik „Erster Weltkrieg“. Das heißt, die Weltkriegsdauer spiegelte sich eins zu eins in der Erinnerungskultur der Thomas-Morus-Schule wider.

Zum Abschluss aller Aktionen, Auseinandersetzungen und vertieften Betrachtungen hatten Lehrer, Schülerinnen und Schüler die Möglichkeit, eine Ausstellung im Rathaus der Stadt Osnabrück zu gestalten.

In der Ausstellung werden die Ergebnisse der letzten vier Jahre dokumentiert. Exemplarisch sind hier einige Aktionen und Themen aufgeführt:
 

  • Erforschung des Kriegerehrenmals in Haste
  • Mitgestaltung der Ausstellung „Eine Stadt im ersten Weltkrieg“ im Museum Industriekultur (fünf öffentliche Ausstellungsorte in Osnabrück)
  • Mitgestaltung des landeszentralen Volkstrauertages in der Marienkirche Osnabrück (jährliche Teilnahme an der Veranstaltung zum Volkstrauertag der Stadt Osnabrück)
  • Teilnahme am Symposium „Erster Weltkrieg“ in der Zinkfabrik Altenberg Oberhausen
  • Gestaltung einer Ausstellung zum Volkstrauertag im Stadtteil Pye
  • Mehrfache Teilnahme an den Veranstaltungen des Volksbundes zum Volkstrauertag auf verschiedenen Osnabrücker Friedhöfen
  • Fahrt in die „Flanders Fields“ nach Belgien im Rahmen des Wahlpflichtkurses Politik mit Erstellung einer filmischen Dokumentation des Erlebten
  • Mitgestaltung einer geplanten weiteren Ausstellung zum „Ersten Weltkrieg“ im Museum Industriekultur


Im Mittelpunkt all dieser Aktionen und der grundsätzlichen Beschäftigung mit der Thematik „Erster Weltkrieg“ an unserer Schule stand nicht vordergründig die Auseinandersetzung mit geschichtlichen Daten und Fakten, sondern vielmehr die Frage nach Möglichkeit und Rechtfertigung für so unermessliches Leid und das Nachempfinden von Einzelschicksalen der Zeitgenossen.

„Flanders Fields“ Geschichte vor Ort

In unseren Schulbüchern ist Geschichte schwarz-weiß. Buchstaben auf Papier und blasse Fotografien aus längst vergangener Zeit lassen uns glauben, dass es früher keine Farben gab. Dass in den alten Geschichten ewige Wahrheiten und Lektionen für die Gegenwart und die Zukunft stecken, ist daher für Schüler nicht immer gleich zu erkennen.

Mehr als drei Monate lang tobte im Sommer 1917 im Raum um Ypern in Belgien die sogenannte dritte Flandernschlacht. Mehr als 650.000 junge Männer wurden verwundet, blieben vermisst oder fanden den Tod in den Schützengräben. Bis heute bleibt die Landschaft von Gräben und Granattrichtern gezeichnet. 100 Jahre nach der Schlacht und 99 Jahre nach dem Ende des ersten Weltkrieges sollte dieses bedeutende Kapitel der europäischen Geschichte für die Gruppe erlebbar gemacht werden. Wir haben dazu die Unterstützung des Berliner Fotografen Martin U.K. Lengemann gewinnen können, dessen viel beachtetes Versöhnungs-Projekt „Die Narbe“, dem Ersten Weltkrieg in Bild, Film und Ton gedenkt.

Vor Ort in Ypern, Zonnebeke, Passendale, Zillebeke in Belgien sollen die Schüler Vergangenheit in Gegenwart herstellen. Dazu besuchten wir 2017 eine der umkämpftesten Regionen des Ersten Weltkrieges, den sogenannten „Ypernbogen“. Die Teilnahme am Rollenspiel des Memorial Museum Passendale 1917 ermöglichte den Schülern eine hautnahe Konfrontation mit dem damaligen Kriegsgeschehen und der aktuellen Erinnerungskultur im ehemaligen Kriegsgebiet. Die Geschichten, welche die Jugendlichen dort kennenlernten, wurden zusätzlich mit Besuchen von Kriegsgräberstätten verschiedener Nationen, des ehemaligen Frontverlaufs und in dem Projekt Sanctuary Hill 62 (Höhe 62) erfahrbar. Die dortige Rekonstruktion eines Schützengrabensystems an historischen Ort wurde mit einer eigens realisierten Geräuschinszenierung begleitet.
Besonders beeindruckend wirkte der Besuch der Varlet Farm bei Passendale, die unmittelbar in der seinerzeit völlig zerstörten Zone des Frontverlaufs der dritten Flandernschlacht liegt. Die Sammlung des dort ansässigen Landwirtes machte ebenso betroffen, wie der eigene kurze Gang über seine Ackerflächen – jeder Schüler kam mit Granatsplittern, Patronenhülsen und Uniformteilen zurück!

Kein noch so gut aufbereiteter Unterricht kann die jungen Menschen so erreichen und prägen, wie die persönlichen, emotional bewegenden Eindrücke der Originalschauplätze.

Die am eigenen Leib und Seele gemachten Erfahrungen haben Spuren hinterlassen.

Wie wirkt dieses Projekt auf junge Menschen heute?"... Vielleicht so, dass die Saat nach Jahren aufgeht…
 


Felix Trentmann und Dieter Ostendorf,
Thomas Morus Oberschule, Osnabrück

 

Film „Flanders Fields“

Im Sommer 2017 reiste eine Schülergruppe nach Flandern, um 100 Jahre nach der Schlacht von Passchendaele die Schicksale ihrer Ur-Urgroßväter im 1. Weltkrieg mit allen Sinnen zu erfahren.